BigBlueButton im letzten Jahr

Die Popularität von BigBlueButton ist während des vergagenen Jahres stetig gewachsen. Mittlerweile wird es einigen Bundesländern an Schulen und Hochschulen für den Fernunterricht eingesetzt. Das ist keine große Überraschung, ist BigBlueButton neben Jitsi (das weniger für Unterricht optimiert einzusetzen ist) die einzige Videokonferenzsoftware, deren Quellen offen vorliegen und die somit selbst, dezentral und vor allem sicher datenschutzkonform betrieben werden kann. Der letzte Aspekt ist mit Sicht auf Schulen besonders hervorzuheben, so haben mehrere Datenschutzbeauftragte im letzten Jahr die Verwendung von proprietären Lösungen bereits angemahnt.[1] [2] [3] Ebenso gab es im letzten Jahr einen Beiteiligungszuwachs von ca. 42% an Open Source Projekten.[4] Da ist es nicht verwunderlich, dass auch BigBlueButton die Aufmerksamkeit vieler Entwicklerinnen auf der ganzen Welt zuteil wurde und es im vergangenen Jahr einen großen Sprung in seiner Entwicklung gemacht hat.

BigBlueButton Version 2.3

In meinem letzten Artikel habe ich noch darauf aufmerksam gemacht, dass BigBlueButton ausschließlich auf Ubuntu 16 zu betreiben sei und mich jedoch optimistisch gezeigt, dass es bis zum Supportende April 2021 ein Update geben würde. Diese Prognose hat sich bewahrheitet und so haben die Entwickler von BigBlueButton, mit kräftiger Unterstüzung der Open Source Gemeinschaft, im April diesen Jahres die neue BigBlueButton Version 2.3 präsentiert. Nicht nur läuft Version 2.3 auf Ubuntu 18 und hat somit die veraltete Codebasis hinter sich gelassen, sondern es beinhaltet auch viele Neuerungen, die im letzten Jahr unter Rücksprache mit der Nutzerbasis erarbeitet wurden. Hierzu gehören zum einen verbesserte Abläufe, was Installation und Wartung anbelangt, zum anderen jedoch auch eine Vielzahl von Verbesserungen, was die tatsächliche Nutzung von Videokonferenzen betrifft.

Neues Betriebssytem, neue Verwaltungsstruktur

Durch die Entwicklung von BigBlueButton für Ubuntu 18 gehören die Probleme mit veralteten Abhängigkeiten der Vergangenheit an, da diese nun in der neuen Version dem aktuellen Stand entsprechen. Zudem wurden einige der internen Komponenten ebenfalls erneuert oder wie z.B. die gemeinsamen Notizen auf eine andere Art neu implementiert. Dies bringt nicht zuletzt auch einen spürbaren Perfomancegewinn für die Konferenzen, die nun deutlich besser in der Horizontale skalieren und somit eine größere Anzahl Teilnehmende pro Raum zulassen. Die Installation kann weiterhin über ein von den Entwicklern bereitgestelltes Skript [5] vorgenommen werden, das weiterhin mit einem einzigen Befehl ausgeführt werden kann:

wget -qO- https://ubuntu.bigbluebutton.org/bbb-install.sh | bash -s -- -w -a -v bionic-23 -s bbb.example.com -e info@example.com

Zudem gibt es mitterweile eine Reihe von öffentlich verfügbaren Ansible-Rollen, mit denen die Installation vorgenommen werden kann.[6] [7] [8]

Ist die Installation abgeschlossen, so bietet BigBlueButton v. 2.3 auch eine Neuerung in der Verwaltungsstruktur, die es erheblich einfacher macht, eigene Installationen anzupassen und die zudem updatefest ist – die Konfiguration muss also nicht nach jedem Update erneut eingespielt werden. So ist es nun möglich, die Installation durch Dateien in /etc/bigbluebutton anzupassen, sodass die dort eingetragenen Werte die Standardkonfiguration überschreiben.[9] Dies hat nicht nur den Vorteil, dass die Anpassungen auch nach Updates noch an ihrem Ort sind, sondern zudem, dass die originale Konfiguration nicht bearbeitet wird und auch einzelne Parameter, z.B. nur die Wilkommensnachricht, überschrieben werden können. Somit ist die BigBlueButton Installation nun noch einfacher durchzuführen und langfristig zu warten, was das Leben der Admins wieder ein Stück leichter machen dürfte.

Neue Features in den Konferenzen

Neben den Neuerungen im Unterbau bringt BigBlueButton vor allem viele Neuerungen für die Endanwenderinnen. So ist das komplette Management der Breakouträume überarbeitet worden, was vor allem Gruppen zugute kommen dürfte. Ebenfalls angenehmer wird das Beisammensein in Gruppen durch einen neuen Knopf, der es ermöglicht “die Hand zu heben” und somit Mitteilungsbedarf zu signalisieren, ohne die Sprechenden unterbrechen zu müssen. Ein weiteres Element zeigt die eigene Verbindungsstärke, sodass schwache Verbindungen leichter identifiziert werden können. Die Videos werden nun standardmäßig (kann deaktiviert werden) anhand der Sprechaktivität zugeordnet und zudem gespiegelt. Komplett überarbeitet wurde auch die Handhabung der Video- und Audiogeräte, so dass es nun deutlich einfacher ist, diese auch im Nachhinein zu ändern oder bei Bedarf speziell zu konfigurieren. Die Überarbeitungen der Handhabung von Audio und Video bringen nun auch die Möglichkeit mit sich, dass eine große Anzahl externer Videoquellen eingebunden werden kann und dass der Ton von geteilten Bildschirminhalten übertragen werden kann. Im Umgang mit Klassen oder Gruppen kommt weiterhin noch eine Verbesserung der Umfragefunktion, ein Knopf zur zufälligen Auswahl von Teilnehmenden sowie die Möglichkeit, das Whiteboard individuell freizugeben, hinzu.

Interface BBB 2.3
Interface BBB 2.3

Nicht zu vergessen ist an dieser Stelle, dass auch das Frontend Greenlight [10] (das nicht zwangsläufig mit BigBlueButton genutzt werden muss) stark weiterentwickelt wurde. Auch hier wurden in der Zwischenzeit zahlreiche Features eingebaut, die das Verwalten von Räumen und Nutzerinnen deutlich erleichtern und erweitern.

BigBlueButton ausprobieren

Soweit sind die bedeutendsten Neuerungen von BigBlueButton in der Version 2.3 vorgestellt. Maßgeblich wurde hier im letzen Jahr eine solide Basis mit Hilfe einer weltweiten Gemeinschaft unter Hochdruck weiterentwickelt und verbessert. Dieser Prozess geht selbstverständlich weiter und ist an dieser Stelle keineswegs beendet, sodass zu erwarten ist, dass BigBlueButton in der Zukunft noch mehr auf die Bedürfnisse der Anwender zugeschnitten werden wird. Bei B1 Systems wird BigBlueButton nun seit über einem Jahr erfolgreich eingesetzt. Falls Sie Lust haben, BigBlueButton auszuprobieren, können Sie gerne weiterhin von unserer kostenlosen Instanz b1@home Gebrauch machen. Falls Sie Interesse an einer eigenen Instanz für Ihr Unternehmen, Ihre Schule oder Ihren Verein haben, nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf!

Thilo Mull
Thilo Mull arbeitet seit 2019 als Technical Writer bei B1 Systems GmbH und verfasste seitdem unter anderem Schulungsunterlagen zu Themen wie Ansible, Salt und Kubernetes. Seit seiner Jugend ist er fasziniert von freier und Open-Source-Software und betreibt mit Begeisterung so viele Dienste wie möglich selber.